FRAG ANNA

Frage

„Hast du das eigentlich schon häufiger bei Klientinnen erlebt, dass das halbe Leben hinterfragt wird wenn das Thema mit dem Essen weg ist?

Ich habe das Gefühl das Ugga Problem ist ein Symptom für eine größere Unzufriedenheit… Es kommt zurzeit in vielen Bereichen einiges hoch seitdem ich kaum noch an Essen oder meine Figur denke.

Merke dass ich mich die letzten Jahre gebremst habe, mit angezogener Handbremse gelebt habe, viele Bedürfnisse und wünsche ignoriert habe und mich voll zurück genommen habe.“

DISCLAIMER

  • Dies soll keine Pauschalisierung für „Ugga Uggas sind Schuld“ sein.
  • Das Muster lässt sich auf jede Form von Beziehung übertragen.
  • Das Thema ist komplex. Ich gebe hier eine sehr VEREINFACHTE Erklärung auf diese SPEZIFISCHE FRAGE in diesem SPEZIFISCHEN KONTEXT ab.
  • Ich habe mich indirekt zu dem Thema schon mit dem „chronischen Stress“ Post geäußert.

ANTWORT

Ja, habe ich und zwar ständig.

Essverhalten oder hormonelle Gesundheit stehen häufig in irgendeinem Zusammenhang, mit etwas, das im Leben nicht im Reinen ist. (Allgemein muss es das aber nicht, denn Genetik kann auch eine Rolle spielen)

Das Essverhalten ist in dem Fall oft nur ein Symptom. Essen oder die Suche nach Bestätigung über das „gut aussehen wollen“, wird in dem Fall wie eine Art Droge verwendet, dass vom eigentlichen Problem ablenkt und in gewisser Weise dabei helfen soll, sich dem wahren Problem nicht stellen zu müssen und den Status quo irgendwie zu ertragen und aufrecht erhalten zu können. Das passiert aber unterbewusst.

WARUM?

Exemplarisch an der o.g. Frage erklärt: Wenn man mit emotional kalten Bezugspersonen (i.d.R. Eltern) aufgewachsen ist, wird man sich tendenziell Partner suchen, mit denen man exakt das gleiche Beziehungsmuster wiederholen wird.

Durch unsere Eltern lernen wir normative Bewertungen, die sich später nur schwer korrigieren lassen. Was unsere Eltern für gut & richtig bewerten, wird unserem Über-ich vermittelt. Das ist der Bereich unseres Gewissens, der sich in frühen Entwicklungsphasen aus der Identifikation mit den elterlichen Wertvorstellungen herausbildet.

Oder anders gesagt. Von unseren Eltern lernen wir u.a die impliziten Regeln einer Beziehung zwischen Mann und Frau, egal, ob diese positiv oder negativ sind. Daher zeigen Menschen mit zunehmenden Alter auch oft Verhaltensweisen, die bereits ihre Eltern hatten. So „vererben“ sich auch familiäre Traumata, denn Verhaltensmuster werden unbewusst von Generation zu Generation wie eine Schablone weitergegeben.

In jungen Jahren werden diese Muster noch nicht hinterfragt, weil sie:

  • „normal“ sind,
  • der Abnabelungsprozess noch läuft,
  • noch nicht genug Lebenserfahrung (z.B. häufige Enttäuschungen) besteht,
  • Kompensationsmechanismen, wie z.B. Essen, Optik, Sportfokus noch effektiv wirken,
  • Körper & Psyche in gewisser Weise noch resilient genug sind, die Folgen der Kompensationsmechanismen, abzufangen,

WAS IST EIN KOMPENSATIONSMECHANISMUS?

Wenn ein Symptom bekämpft wird. Nicht die Ursache. Wenn die Ursache aber nicht behoben wird, beleibt die Notwendigkeit der Symptombekämpfung dauerhaft bestehen.

Wenn ich ein Schmerzmittel nehme, weil ich die Schmerzen, die eine Verletzung verursacht, betäuben, aber nicht die Verletzung selbst, behandeln will.

Oder wenn ich eine Krankheit mit dem falschen Medikament behandle.

WAS SIND URSACHE & SYMPTOM?

Ursache

Unbefriedigte Bedürfnisse, Wunsch nach echter Intimität, bedingunsloser Liebe, Geborgenheit, Sicherheit.

Symptom

„Ich bin nicht gut genug“ > Ich muss „besser“ werden, damit ich geliebt werde.

WORAN MERKT MAN, DASS MAN DAS MACHT?


An dem „Immer mehr und immer mehr“. D.h. dass es nie genug ist. Egal was man erreicht, man ist immer unzufrieden.

BEISPIELE

  • Man hat abgenommen, ist aber immer noch nicht zufrieden und will weiter abnehmen (generell muscle und body dysmorphic disorder).
  • Suchterkrankungen allgemein (Essen, Drogen, Alkohol, Computerspiele, Sex etc.). Dopamin spielt hier eine zentrale Rolle.
  • Der Wunsch nach Bestätigung von Außen und dem anderen Geschlecht.

Irgendwann bricht das Kartenhaus in sich zusammen, denn Kompensationsmechanismen gehen nicht lange gut, da eine Art körperlicher & psychischer Raubbau betrieben wird, der früher oder später dazu führt, dass man sich der Ursache stellen muss, sonst führt dieser zu einem Totalabsturz.

Das passiert erst, wenn der Leidensdruck den Schmerz der Introspektion überwiegt. Daher kann man sowas auch nicht erzwingen. Die Einsicht muss von selbst kommen.