Gurkiporn #8: Die Neuroplastizität des Neids

So Lustmolchies, auf gehts!

Ihr wisst jetzt so Einiges über die Last der Bäuche und darüber wie man Bauch-Bodybuilding betreiben könnte, wenn einem die Last des Bauches dann doch zu schwer werden sollte und man die Last des Bauch-Bodybuildings als das geringere Übel ansieht.

Es ist also nicht so, dass man der Ungerechtigkeit des genetischen Bauchroulettes völlig hilflos ausgesetzt ist.

Der steinige Weg des Lebens besteht eigentlich immer aus zwei Wegen. Diese zwei Wege entsprechen den zwei Optionen, die man bei allen Steinen über die man auf diesem Weg stolpert, stets selbst in der Hand hat:

1. Was machen.
2. Nichts machen.

Diese beiden Optionen haben eine Art selektive Eigenschaft über Menschen. Option 1 wird oft von Menschen gewählt, die reflektieren können bzw. wollen und überhaupt ein Bewusstsein dafür haben, dass sie diese zwei Optionen haben. Diese beißen dann die Zähne zusammen und versuchen tapfer die Konsequenzen ihrer Entscheidung zu tragen.

Die zweite Option wird meist von Menschen gewählt, die kein Bewusstsein dafür haben, dass sie diese zwei Optionen haben. Diese beißen dann nicht die Zähne zusammen, sondern beschweren sich lautstark darüber, dass sie die Konsequenzen ihrer Entscheidung zu tragen haben und ziehen im schlimmsten Fall andere da mit hinein. Kurz sie jammern, aber wollen auch nichts daran ändern.

Ist dies nicht eine gemeine Verurteilung, derjenigen, die ungerechterweise die Arschkarte beim genetischen Bauchroulette gezogen haben?

Nun ja, vielleicht auf den ersten Blick. Auf den 2. Blick helfen ein paar allegorische Gegenfragen, die scheinbare unsensible Kurzsichtigkeit zu einer sensiblen Weitsichtigkeit zu relativieren:

Hat ein kleines Mädchen, dass gerade zu sieht, wie ein anderes kleines Mädchen von seiner Mama ein Eis bekommt und dies voller Freude isst, die Arschkarte gezogen, weil es nicht auch ein Eis bekommt?

Ist das eine Rechtfertigung dafür, dass das kleine Mädchen für den Rest ihres Lebens bockig die Opferrolle spielen und ein Leben lang jammern darf, dass ihm niemand ein Eis schenkt?

Und ist dies eine Rechtfertigung dafür, dass das kleine Mädchen, das andere Mädchen doof finden und weinen darf, dass es nicht in der Position dieses anderen Mädchens ist?

Würde dieses Mädchen bei vertauschten Rollen so mitfühlend sein und sein Eis teilen oder würde es eine Art Überlegenheitsgefühl darüber haben, das es etwas hat, das das andere Mädchen nicht hat?

Wie würde so ein kleines, bockiges Mädchen in deinen Augen wirken?

Vermutlich irgendwie egozentrisch und nicht sehr reif.



Kleine Kinder sind so. Das ist ist wohl normal. Daher werden sie auch erzogen, lernen Grenzen und Regeln, was richtig und was falsch ist, damit das primitive, instinktive, menschliche Verhalten im Kampf ums Überleben und der erfolgreichen Reproduktion unseres eigenen Genmaterials gegenüber unseren Artgenossen nicht dazu führt, dass wir uns gegenseitig schaden.

Klappt so semi, wenn man sich die Welt so ansieht. Doch dies ist die ursprüngliche Intention und der Sinn dessen gewesen, was man “erwachsen werden” nennt.

Toll. Anna, hat mal wieder ein paar Egos zerstört und den Tag versaut. Sorry aber ist eben so.

Kommen wir zurück zu den zwei Optionen:

1. Was machen.
2. Nichts machen.

Diese hat das kleine, bockige Mädchen nämlich auch.

Mit Option 1 ist nicht gemeint, dass das neidische Mädchen dem Mädchen mit dem Eis, eine runterhauen und dann das Eis einfach wegnehmen soll. Das wäre wieder das primale, instinktive Verhalten, das wir Menschen nur anwenden sollten, wenn wir Kriege führen und uns selbst scheiße fühlen wollen.

Wollen wir Frieden und uns selbst gut fühlen, dann freut man sich darüber, dass das andere Mädchen eine Mama hat, dass ihm ein Eis geschenkt hat, weil dies ein Zeichen der Liebe ist. Und man freut sich darüber, weil es auch für das kleine Mädchen ohne Eis wichtig ist, in einer Welt zu leben, in der es noch Menschen gibt, die bedingungslos lieben können.

Statt in Selbstmitleid zu versinken, dass es selbst kein Eis von seiner Mama bekommen hat und in einem Meer an negativen Gefühlen selbst zu ertrinken, könnte es versuchen, positive Gefühle darüber zu entwickeln, dass es sich mit dem anderen Mädchen freuen kann, weil es selbst weiß, wie gut sich das anfühlen würde, an der Stelle des Mädchens mit dem Eis zu sein.

Es könnte zu dem Mädchen hingehen und fragen, wie das Eis schmeckt, sich anfreunden und vielleicht gemeinsam spielen. Am Ende des Tages hätte das Mädchen selbst ohne das Eis, ein positives Erlebnis gehabt und damit ein ursprünglich negatives Gefühl (Neid) in ein positives verwandelt.

Das Mädchen könnte sich vornehmen, Geld zu sparen, um sich selbst ein Eis zu kaufen und sich vornehmen, dass wenn es einmal groß ist, auch eine Mama zu werden, die ihrer kleinen Tochter ein Eis kauft, damit sie sich freuen kann.

Dies wäre die 1. Option: Etwas tun.

Am Ende hätte das kleine Mädchen, sicherlich einen beschwerlicheren Weg als das andere Mädchen, dass das Eis einfach geschenkt bekommen hat, dennoch hat es das beste aus dem, was ihm das Leben mitgegeben hat, gemacht und sich selbst damit das größte Geschenk gemacht: Nämlich ein positives Gedankenmuster entwickelt, das zu positiven Gefühlen und damit positiven Handlungen führt.

Das ist dieses fixed vs. growth mindset Ding.

Menschen erwarten immer, dass sie sich erst irgendwie fühlen müssen, um etwas zu ändern. Nach dem Motto: Ich fühle mich scheiße und kann deswegen bestimmte Dinge nicht tun.

Das stimmt so aber nicht.

Unser Gehirn und damit alles, was du denkst und fühlst, ist zu einem Teil genetisch geprägt, aber zu einem anderen Teil auch umweltbedingt.

Deine Gedanken und Gefühle sind nicht einfach nichts, sondern reine Biochemie, die dem Einfluss deiner Genetik und deiner Umwelt unterliegt.

Dieser Umweltfaktor ist dabei das, was dir Option 1 ermöglicht. Du kannst bis zu einem gewissen Grad, die Biochemie und damit dein Denken und Fühlen ändern.

Nun kommt der Haken an der Sache: Dazu musst du erst deine Handlungen ändern, sodass Gehirn lernen kann und sich allmählich die Gedanken und Gefühle einstellen, die du für ein besseres Leben brauchst.

Dies ist die Neuroplastizität deines Hirns. D.h. wenn du darauf wartest, dass sich deine Gedanken und Gefühle von allein ändern und du erst ins Handeln kommst, wenn das, was du erwartest, eintritt, kannst du lange warten. Das wird so nicht passieren.

Du musst dich erst zwingen, dein Handeln zu ändern, nicht deinen Impulsen nachzugeben, sodass die Impulse allmählich schwächer werden bis sie allmählich verschwinden.

Dazu musst du wissen, was du wirklich willst.

Willst du unbedingt ein Eis, auch wenn du es nicht so einfach geschenkt bekommst, wie das andere Mädchen, dann musst du dich an Option 1 halten. Das wird sich zunächst blöd anfühlen, weil du den Neid in dir anfangs durchaus noch spüren wirst und dich zu Gedanken zwingen musst, die du eigentlich noch gar nicht hast, aber das ist normal und der Preis, den du zu zahlen hast, wenn dir das Eis so wichtig ist.

Wenn du all das nicht tust, dann willst du es nicht wirklich.

Dann willst du vielleicht etwas anderes. Vielleicht will das kleine Mädchen, dann gar nicht das Eis an sich, sondern ist traurig, darüber, dass es nicht auch so eine Mama hat, die ihm ein Eis schenkt. Dann geht es dem Mädchen also um Liebe und Anerkennung. Das Eis ist lediglich das Symbol für die Liebe bzw. das Symptom des unterschwelligen Bedürfnisses nach Liebe.

Doch auch wenn dies das unterschwellige Motiv ist, läuft dies auch auf Option 1 hinaus, denn die beste Lösung dafür ist, an einem Leben zu arbeiten, dass ihr ermöglicht später selbst eine Mama zu werden, die ihrer Tochter Liebe schenkt, damit sich das negative Muster und damit die negative Gefühlskette nicht fortsetzt. Dazu muss sie aber lernen, den Blick von außen nach innen zu lenken.

Problemlösungen fangen immer mit einem Problembewusstsein an.

Bis morgen Lustmolchies!

Foto by Chris Benson