Gurkiporn #7: Bauch-Body-Building

So Lustmolchies, auf gehts!

Gestern habe ich abschließend erzählt, dass man seinen Körper durchaus so formen kann wie man es gern hätte, wenn man denn unbedingt will.

Heute möchte ich darauf noch einmal differenzierter eingehen, denn mir ist wichtig, dass Frauen verstehen, dass sie hinsichtlich ihres Körpers nicht vor einer ganz oder gar nicht Entscheidung stehen. Dass es nicht darum geht, nur rumzuhängen, alles in sich hinein zu stopfen und die Lösung lediglich darin besteht, dieses Ding mit der Selbstliebe endlich hinzubekommen.

Oder als andere Option, eben den no pain, no gain Fitnesslaifstail zu leben und die Jagd nach dem perfekten Körper zur Lebenspriorität zu machen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass sich jede Frau selbst entscheiden kann, was sie will, doch dass alles eben auch seinen Preis hat.

Die Wahrheit liegt wie so oft dazwischen.

Wie ich gestern beschrieben habe, könnte man zumindest theoretisch sehr wohl etwas gegen hartnäckige „Problemzonen“ machen, egal ob Bauch oder sonst was. Nur erfordert dies für die Mehrheit der Frauen, deren Job nichts mit Fitness oder Bodybuilding zu tun hat und deren Alltagsenergie für viele andere Dinge drauf geht, ein enormes Maß, an Restriktionen und Kontrolle, die viele auf Dauer nicht aufbringen können und zu einer enormen körperlichen und mentalen Last wird. Training und Ernährung kann unter diesen Umständen zu einem selbstgebautem Gefängnis werden.

ich persönlich halte es für realistischer und am gesündesten, dass jede Frau für sich persönlich herausfindet, wo sie sich auf dem Spektrum zwischen den beiden Extremen dauerhaft am wohlsten fühlt. Für einige Frauen, wird das vielleicht sehr nahe an einen der beiden Extreme liegen (Bodybuilderinnen vs. Couchpotatos), aber für die Mehrheit irgendwo in der Mitte, wo Training und Ernährung mit dem Alltag vereinbar sind und nicht zusätzlich Energie rauben.

Nehmen wir noch einmal das Beispiel Bauch: Was müsstet ihr tun, um den wegzubekommen, wenn dies eure Problemzone ist?

Eine Problemzone definiert sich dadurch, dass man dort zuletzt Fett abbaut und zuerst wieder zunimmt. D.h. um das Fett an der Stelle weg zubekommen, müsste man solange diäten, bis der Körper auch diese Stelle anzapft, um an Energie zu kommen. Meist sehen dann andere Körperpartien, an denen man im Gegensatz zur Problemzone schnell abnimmt, nicht mehr schön aus. Z.B. gehen Po und Brüste weg, aber der Bauch bleibt. Insgesamt wirkt die Körperform dann unproportional. Frauen machen dann  den Fehler, dass sie sich auf die Problemzone fixieren und immer weiter & länger diäten. Da die Form so immer schlechter aussieht, sind sie insgesamt chronisch unzufrieden.

Genau hier kommt Bodybuilding (BB) ins Spiel. BB ist leider sehr klischeebehaftet und verrufen, aber das ist nunmal das, was man machen müsste, wenn es um eine echte Körperformung geht. Indem ihr nur Grundübungen im Powerliftingsytle macht, werdet ihr nicht den Körper bekommen, den ihr wollt, weil dies zu unspezifisch ist.

In der evidenzbasierten Szene führt „Schwachstellentraining“ immer sofort zum Aufschrei. Doch wer mal genau nachdenkt, wird wohl einsehen, dass man genau das tun muss, wenn man seinen Körper gezielt nach einer bestimmter Vorstellung formen will. Denn das Ausmaß des Muskelaufbaupotenzials ist nicht nur individuell, sondern auch je nach Muskelpartie nochnmals unterschiedlich verteilt. Das wird jede von euch schon an sich selbst beobachtet haben. Eine Kniebeuge garantiert eben nicht jeder Frau auch einen Booty aufzubauen. Manche bauen dadurch höchstens Quads auf.

Es gibt Frauen, die bauen sehr schnell einen Po auf und Frauen, die viel mehr dafür tun müssen. Ich z.B. baue nur sehr langsam und mühselig am Oberkörper auf, dafür extrem schnell an den Beinen. Dies muss ich in der Trainingsplanung berücksichtigen.

Die Intensitäten und das Volumen ist bei mir bspw. je nach Körperregion unterschiedlich verteilt. Wenn ich dies und auch meine Ernährung nicht einhalte, kann ich förmlich zusehen, wie mein Körper seine Form verliert.

Und zwar an den Schwachstellen am schnellsten.

Um euch das auch bewusst zu machen, gehe ich mit meinem persönlichen Auf und Ab auch sehr transparent um, damit ihr seht, wie ich mit meinem Alltagsstress und dem permanten Druck „gut auszusehen“, den mein Job in der Branche einfach mit sich bringt, umgehe.

Als ich nun 4 Wochen krank war und viel persönlichen Stress hatte, habe ich einfach mal 6 kg verloren. Da ich natural bin, an meinem Körper von oben bis unten nichts gemacht ist, seht ihr, wie wichtig die konsequente Einhaltung von Training und Ernährung ist, wenn es nur um Optik geht.

Wenn ihr nun bspw. akribisch an eurem Bauch arbeiten wollt, ist der Ausgangspunkt zunächst davon abhängig, mit welchen Voraussetzungen ihr startet. D.h. Trainingsleistung, KFA, bisherige Ernährung (Defizit ja/nein), Verletzungen, Regenerationsfähigkeit etc…
Eine Frau mit mittleren bis höherem KFA und geringer Trainingsleistung, würde im Defizit starten und kontinuierlich die Trainingsleistung steigern müssen (progressive overload, das über verschiedene Variablen gesteuert wird. Es geht nicht nur darum, von Training zu Training mehr Gewicht raufzuhauen!).

Eine Frau, die chronisch diätet hat, müsste zunächst eine Weile mindestens auf Erhaltungskalorien verbleiben (ein paar Wochen bis Monate), damit die Stoffwechseladaption rückgängig gemacht wird und der Körper überhaupt wieder in die Lage versetzt wird, sein maximales Muskelaufbaupotenzial auszuschöpfen. Wenn man ihn nämlich über Monate bis Jahre mit Diäten gequält hat, hat er keine große Lust mehr dazu. 

Darauf haben die meisten schonmal kein Bock, weil alles schnell gehen soll.

Da chronisches Diäten nicht automatisch mit einem niedrigen KFA einhergeht, wie ihr alle selbst wisst, würde man erst nach ein paar Wochen bis Monaten entscheiden, wie es weiter geht, je nachdem, wie erholt die Frau physisch und psychisch ist.

Eine Frau mit niedrigem KFA und fortgeschrittener Trainingsleistung, müsste mit einem Kalorienüberschuss starten und ihre Trainingsleistung weiter über die verschiedenen Variablen steigern.

Insgesamt gilt: Je fortgeschrittener man mit der Körperformung ist, desto größer wird der Aufwand und die erforderliche Kontrolle, die man aufbringen muss, um noch mehr zu erreichen.

Um den Bauch dann irgendwann wegzubekommen, würde man bspw. an der Ausprägung der X Form arbeiten. D.h. über Monate müssten Schultern, Rücken, Po ggf. Oberschenkel, priorisiert werden, bis der Muskelzuwachs deutlich sichtbar ist.

Dann ginge es in eine Diät. Diese muss dann solange durchgezogen werden, bis der Körper an das Fett der Problemzone geht. In dem Fall Bauch.

Und das ist hart, denn man muss nun das Training aufrechterhalten, um die Muskelmasse an den bearbeiteten Stellen nicht zu verlieren. Und das wird umso schwerer je fortgeschrittener die Diät und Trainingsleistung.

Und damit die Problemzone, in dem Fall das Fett am Bauch, dann endlich weggeht und die mühsam erkämpfte Muskulatur an Schultern, Rücken, Po und Beinen bleibt, muss man sich ziemlich quälen, denn der Körper wird sich dagegen wehren und das ganze Gegenteil von dem wollen, was du willst und das umso mehr je fortgeschrittener du bist. Wenn du also als naturale Frau, sichtbar an Muskelmasse aufgebaut hast und eine athletische Form hast, bist du in deiner Trainingsleistung so weit, dass dein Training verdammt hart sein und du leiden wirst. Das hat dann eben nicht mehr zwingend was mit Gesundheit zu tun.

Dein Körper will das Fett an den Problemzonen behalten und die aufgebaute „unnütze“ Muskulatur loswerden. Damit das nicht passiert, musst du die ganze Zeit gegen deinen inneren Schweinehund kämpfen.

Dein Food Focus und Heißhunger werden steigen. Du wirst gereizt sein Konzentrations- und Schlafstörungen haben, dein Sexdrive geht in den Keller, du wirst keine Lust und Kraft für das Training haben, aber stets im Hinterkopf haben, dass du trainieren musst, weil du sonst Muskelmasse verlierst. Du wirst nicht einfach mit Freunden und Familie Essen gehen oder Party machen können, weil dir die Energie fehlt, du Angst hast, mehr zu essen, als du sollst, dich die Rechtfertigung für deinen Laifstail nervt etc.

Wenn du das lang genug durchziehst, kannst du die Form bekommen, die du willst. 

Wenn du die dann hast, musst du das alles solange fortführen, solang du diese Form behalten willst. Wenn du von der Disziplin länger los lässt, verlierst du auch die Form.

Da das auch für die Profis unrealistisch noch gesund ist, gehen sie in ihrer Off-Season, wieder auf einen normalen KFA.

Das ist mental nicht so einfach, weil man sich schließlich von der hart erkämpften Topform verabschieden muss.

Womit viele Frauen dabei auch nicht zurecht kommen, ist das Gefühl, des „mehr seins“. D.h. Off-Season musst du eben damit leben, dass auf deiner antrainierten Muskelmasse nun zusätzlich eine Speckschicht liegt. Alles kneift, wird eng. Das wirst du über mehrere Monate aushalten müssen, damit sich dein Körper von der letzten Diät erholt und du überhaupt weiter deine Trainingsleistung steigern kannst, was notwendig ist, um Muskelmasse, die du in der Diät verloren hast wieder zurückzugewinnen und noch mehr aufzubauen. Erst dann geht es wieder in eine Diät.

Über diesen langwierigen Auf- und Abbauprozess näherst du dich sukzessive der Form, die du gern hättest. Du siehst hoffentlich, dass dies kein linearer Prozess ist, der an einem Tag endet, an dem du dein Ziel erreicht hast, alles toll ist und du nichts mehr machen musst. Im Gegenteil,  je fortgeschrittener, desto schwieriger wird es, das Level zu halten.

Das siehst du eben auf Insta nicht, was meist auch daran liegt, dass viel nachgeholfen wird, um das alles leichter zu machen und du das natürlich auch nicht sehen sollst. Ob du das alles in deinem Alltag und auf Dauer umsetzen kannst, musst du wissen. Dann musst du aber das tun, was dazu notwendig ist und bereit sein, den Preis dafür zu zahlen.

Bis morgen Lustmolchies!

Foto by Matthew Henry