No Quick Fixes

Ich muss mal etwas loswerden, was mir immer wieder bei Fragen und Anfragen zum Coaching auffällt:

Der Wunsch die eine Lösung X für ein komplexes Problem mal eben so gesagt zu bekommen.

Um es einmal ganz banal auf den Punkt zu bringen: Zu mir kommen i.d.R. Frauen die verzweifelt sind, weil sie schon alles probiert haben, nix und niemand hilft. Dann muss ich die Wunderheilung vollbringen, was sie selbst, Ärzte, Therapeuten und die pseudokluge „evidenzbasierte“ Fitnessszene mit ihren Infografiken und Pulvern nicht hinbekommen haben.

Ich bin also so eine Art Coach für alles und das wird jede Klientin auch bestätigen können. Das geht nämlich bei der Art von Problemen, die wir im Frauenbereich haben, nicht anders.

Für Männer ist es schwer sich hier einzufühlen. Zum einen verständlicherweise, weil sie nicht wissen, wie es ist eine Frau zu sein, was man fühlt, womit man sich gedanklich beschäftigt. Aber auch, weil Frauen eben oft nicht mit Männern über so intime Dinge reden, da sie oft belächelt oder als wehleidig abgestempelt werden. Hinzukommt ganz banal, dass Frauen nicht das Bild eine jammernden Furie abgeben sondern gefallen wollen. Somit checken Männer nicht, was Frauen wirklich erleben.

Das ist völlig natürlich und gilft umgekehrt schließlich genauso. Das Problem lässt sich zumindest etwas lösen, wenn sich Männer demgegenüber einfach aufgeschlossen und wertschätzend zeigen und Frauen das Gefühl geben, dass sie an ihrem Wohlbefinden interessiert sind. In einer Welt, in der Frauen medial obejktifiziert, über ihren Körper definiert und als allzeit williges, gut gelauntes, unkompliziertes, seksi Mäuschen, sind Männer ebenfalls biased und verlieren zunehmend den Bezug zur Realiät. So läuft das eben nicht.

Wir leben in einer Zeit, in der in der Fitnessblase munter mit Hormonen gespielt wird und es quasi schon normal ist, wenn Frauen ihre Regel verlieren. Dann werden Produkte für Frauen verkauft, die dabei helfen sollen, die Regel nicht zu verlieren, beworben von Frauen, die auf Diät sind, einen niedrigen KFA haben, viel trainieren, Extensions, Brust-OPs, Lashes, künstliche Nägel, Microblading, Hylauronunterspritzungen und noch sonst was machen, worüber sie nicht reden und deren Bilder nochmals ordentlich digital überarbeitet wurden. Dann bewerben sie diese ganzen Produkte gut gelaunt freudestrahlend, mit ganze Ernsthaftigkeit und wissen nicht mal, was sie da eigentlich tun.

Jetzt mal scharf nachdenken: Warum hat sich evolutionsbilogisch der weibliche Körper so entwickelt wie er ist?

Weil ihn ihm ein kleiner Mensch heranwachsen muss.

Wer nun weiter scharf nachdenkt, könnte zu dem Schluss kommen, dass das Energie kostet und dass der kleine Mensch nicht von nichts zusammen gebastelt werden kann.

Um dieses Risiko zu vermeiden, hat sich die Natur was ganz Tolles ausgedacht: Sie verhindert, dass es überhaupt soweit kommen kann, wenn die Schaltzentrale im Hirn checkt, dass die Frau gerade in einem Stadium ist, in der sie keinen Menschen in sich wachsen lassen kann.

Mehr müsst ihr im Grunde nicht wissen, denn dies sollte der Ausgangspunkt jeder Überlegung sein, wenn wir es mit einem Ausfall der Regel zu tun haben.

Was wäre die logische Konsequenz?

Man müsste herausfinden, warum der Körper der Meinung ist, dass es der Frau gerade so mies geht, dass er verhindert, dass sie schwanger werden kann.

Jetzt kommt der wcihtige Teil:

Die Ursachen für Zyklusstörungen sind weitaus komplexer und lassen sich nicht mit einem reinen Makro-Trainings-Mastermind-game lösen!

Foto by Sebastian Schuppik

Es gibt nicht die Makrokombi X und das Training Y ab dem die Regel pauschal wieder „anspringt“, denn hier spielen weitaus mehr Faktoren eine Rolle. Einer dieser Faktoren ist der Kopf.

Jemand ohne Praxiserfahrung und Verständnis für die Komplexität des Problems wird sich nur die Zahlen ansehen. Jemand, der die Kompexität des Problems verstanden hat, wird sich fragen, was eine Frau erst dazu bringt, ihren Körper so zu maltretieren, dass er sich gezwungen sieht die Alarmanlage anzuschalten.

Das Motiv, das Verhalten, Denkmuster und die Persönlichkeit sagen weitaus mehr darüber aus, warum eine Frau ihren Körper freiwillig in eine „Notlage“ bringt und dieser Grund muss gefunden werden, um auch zu verstehen, warum sie selbst dies schon nicht mehr als Norlage wahrnimmt. Noch entscheidender ist also auch ihr Umgang damit und ob sie sich selbst reflektieren kann.

Ich habe es schon oft gesagt: der Kopf unterscheidet nicht zwischen einem psychologischen oder physiologischen Stressor. Die Stressreaktion ist immer die Gleiche. D.h. die lebhafte Einbildung vom Säbelzahntiger gejagt zu werden, kann die gleiche Stressreaktion auslösen, wie die reale Tatsache von einem Säbelzahntiger gejagt zu werden.

Deswegen habe ich immer wieder interessante Fälle erlebt, bei denen die Frauen ihre Regel wieder bekommen haben, in Umständen, in denen sie es selbst nicht erwartet haben. Oftmals haben sie sogar abgenommen oder sind einfach nur viel lockerer mit dem Essen umgegangen, ihre Einstellung geändert, viel über sich und ihre wahren Bedürfnisse gelernt, für die sie blind waren. Blind waren sie deswegen, weil selbst das Leiden für uns „normal“ sein kann, sofern es für uns vertraut ist und vertraut ist einem immer etwas, dass man lange genug gemacht hat, sodass man sich daran gewöhnt hat.

Sie haben ihre Regel von einem auf den anderen Tag bekommen, nachdem sie sich aus belastenden Beziehungen getrennt haben oder sogar fremdgegangen sind, weil sie hier etwas erlebt hatten, was ihnen im realen Leben massiv fehlte. Dass es ihnen fehlte konnten sie nicht wahrnehmen, weil dieser Mangelzustand „normal“ für sie war. Grund kann bspw. sein, dass sie durch ihre Eltern nur diese Form der „Liebe“ kennengelernt haben und dieses Muster im Verlauf ihres Lebens weitergelebt haben, weil es sich „richtig“ und vertraut angefühlt hat.

Ich habe Klientinnen erlebt, die sich einfach nur „hochgefressen“ haben, weil sie alles nur am KFA und Zahlen festgemacht haben, dann aber mit sich und ihrem Körper so unglücklich waren und sich dennoch nichts getan hat. Essen ist nicht immer das Problem, sondern manchmal nur das Symptom.

Wer von mir verlangt, dass ich einfach sagen kann, nimm Pille X und mache Y, der hat da ganz viel nicht verstanden. Manchmal ist es „nur“ eine Mangelernährung und zu viel Training. Sehr oft aber nicht, weil es einen Grund gibt, warum diese Frauen sich lieber runterhungern und kaputt trainieren, als auf ihre Gesundheit zu achten.

An aller 1. Stelle steht immer eine Laiftstail Rundumschlag! Pillen und sonst was, sind der letzte Schritt um gesundheitliche Folgen zu vermeiden.

Heutzutage werden sie aber missbraucht, um die Augen weiter vor den eigentlichen Problemen zu verschließen und nicht von seiner Zwanghaftigkeit loslassen zu können. Einfach weiter diäten und weiter trainieren, nicht loslassen wollen, aber Pille X schlucken.

Der Körper einer Frau ist die Nährstoffquelle eines neuen Lebens. Wenn der Körper künstlich in einer Mangelsituation in die Lage versetzt wird, Kinder zu bekommen, wovon soll das neue Leben entstehen und selbst dann, können wir sicher gehen, dass dieses und die Mutter ausreichend versorgt ist?

Wer das nicht versteht, dem kann auch ich nicht helfen, denn das wäre verantwortungslos und dann würde ich das tun, was ein Großteil in dieser verdammten Szene macht. Nämlich mit der physischen & psychischen Gesundheit von Menschen spielen!

Bitte bedenkt: All den Frauen, denen wir etwas über Fitness erzählen, wie man sich ernährt, was richtig und was falsch ist, die wir über Bilder manipulieren, werden vielleicht einmal Mütter sein und den ganzen Bullshit an ihre Kinder weitergeben. Kinder lernen Bewertungen erst durch Nachahmung ihrer Eltern. Was eine Mutter vorlebt, wird ihr Kind beobachten und nachmachen.

Überlegt einfach selbst, was es mit euch gemacht hätte, wenn ihr statt mit Pfannkuchen & Co mit einer zwanghaften Mutter, die Angst vor Essen hat, aufgewachsen wärt und die nicht an einem sonnigen Sommernachmittag mit euch Eis essen gegangen wäre, sondern sich lieber mit sich und ihrem Körper beschäftigt? Ihr hättet bestimmt wundervolle Kindheitserinnerungen erfahren und wärt ein psychisch stabiles Kind mit viel Selbstvertrauen und Lebensfreude geworden…

Einfach mal Hirn anschalten und die Augen auf die reale statt die digitale Welt lenken und checken, dass die digitale nichts mit der realen Welt zu tun hat, sondern lediglich ein Spiegel der primitiven Instinkte der Menschen ist, mit dem Ziel, sie zu beeinflussen. Nicht umsonst heißen Influencer, Influencer.

Foto by Martin Adams