ZHENA klingt zunächst nicht nach Fitness, nach “lean” sein wollen oder sonstigen #bodygoals und ist damit marketingtechnisch unbrauchbar, weshalb mir des Öfteren davon abgeraten wurde. Doch unrealistische Pläne waren schon immer mein Ding.
ZHENA leitet sich von dem bulgarischen Wort für Frau “жена” ab. Ausgesprochen wird es so ähnlich wie “gena”, mit dem g wie bei Ingenieur. Für das ж gibt es im Deutschen einfach keinen Buchstaben. Also habe ich einfach ein “zh” daraus gemacht. Fertig.
Ich habe einen Namen gesucht, der meine Vision mit meinen bulgarischen Wurzeln verbindet, denn ich möchte diese Seite meiner bulgarischen Oma Nadka Stefanova widmen, die zu dieser Zeit vor 2 Jahren im Sterben lag. Ohne sie würde es diese Seite nicht geben, denn sie hat mir gezeigt, was es heißt, eine starke Frau zu sein.
Omaweisheiten
Dabei geht es nicht nur um die rein körperliche Stärke. Diese resultiert vielmehr aus einem starken Lebenswillen, guten Herzen und einer authentischen Lebensweise. Meine Oma konnte nie stillsitzen, kletterte bis ins hohe Alter auf Berge und Bäume, liebte Essen, hatte einen messerscharfen Verstand, die Neugier und den Wissensdurst eines Kindes und war sich nie zu schade, ihre Hände schmutzig zu machen. Sie war mutig genug, Risiken einzugehen und gegen den Strom zu schwimmen, wenn es ihrer Überzeugung entsprach.
Man brauchte sich nie erklären, denn sie wusste schon Bescheid, ohne, dass man etwas sagen musste. Täuschen konnte man sie nie. Ihre Kindheit als Waise war geprägt von Armut und Hunger. Dennoch war sie stets fröhlich und für jeden da, ohne sich je zu beklagen. Wenn sie etwas tat, dann aus eigener Überzeugung und ohne Erwartungen oder Bedingungen an andere. Ihre Energie war mein Ruhepol, der mich geerdet hat.
Was hat das mit Fitness zu tun?
Mein Weg in die Fitnessbranche verlief nur über Umwege und eher unfreiwillig. Vieles, das mir auf diesem Weg begegnet ist, wirkt auf mich befremdlich, ungesund und passt nicht in das Wertesystem, dass meine Oma gelebt hat und essenziell ist, um sowohl körperliche als auch geistige Gesundheit langfristig aufrechtzuerhalten. Meiner Meinung nach, sollte Fitness genau diesen Zweck erfüllen. Und das tut es heute oftmals nicht mehr.
Vielmehr beobachte ich, dass der Körper als Projektionsfläche dient, um das, was im Inneren fehlt oder vergraben wird, zu kompensieren. Dass Einsamkeit, Unzufriedenheit, fehlende Geborgenheit, frühere Zurückweisung und Demütigung mit Kontrollzwang über den eigenen Körper, Profilierungsdrang und dem Wunsch nach Erfolg und Anerkennung kompensiert werden.
Ich habe in den letzten Jahren und nach Kontakt zu Tausenden von Frauen kaum eine Frau kennengelernt, die Fitness betreibt, ohne einen Kampf gegen ihren Körper zu führen und ihr Päckchen mit sich herumträgt, dass ihr eigentlich zu schwer ist. Das gilt auch und oft gerade für diejenigen, deren Leben auf Instagram & Co. perfekt zu sein scheint. Sicherlich gibt es Ausnahmen. Diese finden sich aber seltener im Breiten- als im Leistungssport.
Wenn die eigentliche Ursache für die Unzufriedenheit mit sich selbst nicht behoben wird und der eigene Körper weiter als Woodoo-Püppchen herhalten muss, endet dieser Kampf in einem Teufelskreis, der erst aufhört, wenn man so kaputt ist, dass es keine Alternative gibt, als aufzuwachen und genauer hinzusehen, wer der eigentliche Gegner ist.
Mit Sport, Gesundheit und besserer Lebensqualität hat das alles nichts zu tun. Aber es ist ganz nützlich, sich das einzureden. Wenn man Angst vor Mehl und Zucker hat, weil man befürchtet, dass diese dick machen, ist es doch angenehmer so zu tun, als ob man clean eating betreibt, weil es gesünder ist. Wenn man glaubt, ganz viel zu brauchen, damit es einem besser geht, kauft man doch gern Pille X und Pulver Y um nicht einsehen zu müssen, dass die Lösung eher darin liegt, ein Leben zu führen, für das man weniger braucht.
Meine Oma kannte solche Kämpfe nicht. Sie kannte auch keine Proteinshakes, glutenfreie Pancakes, oder wusste, was Low Carb ist.
Meine Oma brauchte das auch nicht, weil sie kannte Milch, Mehl und Pfannkuchen. Und war dankbar, Essen zu haben, denn als Kind war das keine Selbstverständlichkeit. Etwas wie Low Carb machte in ihrer Welt auch keinen Sinn, denn als Kind war Brot das, was ihr Leben gerettet hat. Wir reden hier selbstverständlich von Brot aus Weißmehl, denn dass es Vollkornbrot gibt, wusste sie sehr lange auch nicht.
Meine Oma fand es auch äußerst nützlich einen großen, gepolsterten Po zu haben, weil sie die Angewohnheit hatte immer wieder von Bäumen zu plumpsen, auf die sie geklettert ist, um dort Früchte oder Nüsse zu pflücken. Ob aus Muckis oder Fett war ihr egal, Hauptsache sie landete weich.
Sie verstand auch nie, wozu ich bei 40°C Berge hoch renne, wenn ich genauso gut im Garten arbeiten könnte, sodass die Äpfel, Pflaumen, Kirschen, Birnen, Pfirsiche, Aprikosen, Quitten, Weintrauben, Feigen, Himbeeren, Kakis, Granatäpfel, Walnüsse, Tomaten, Gurken, Auberginen, Zucchini, Kürbisse Paprika, Pepperoni, Zwiebel und Kräuter ordentlich gedeihen und man genug zu Essen hat. Für sie hat es nie Sinn gemacht, vor Essen davon zu laufen, sondern sich zu bewegen, damit man Essen hat.
Ich glaube, dass wir in unserer Fitnessblase den Blick für das Wesentliche verloren haben. Dass wir zu selten dankbar für das sind, was wir haben und dass wir Dinge und unser Leben komplizierter machen als sie sein müssen. Etwas kompliziert zu machen, hilft von dem Wesentlichen abzulenken. Vor allem, hilft es dabei Verantwortung abzugeben: Man kann sich rechtfertigen, sein Leben nicht auf die Reihe zu bekommen, weil alles zu schwierig und komplex ist.
Fitness = Being capable, confident & free
Die Angst vor der Freiheit
Es hat auch niemand in der Branche einen Grund, dies zu ändern, denn die Hersteller von Fitnessprodukten verdienen nur wenn dein Leben voller Probleme ist für die sie dir die passende Problemlösungen verkaufen können. Somit haben sie kein Interesse daran, dein Leben zu vereinfachen. Im Gegenteil: Je komplizierter etwas gemacht wird, desto mehr hast du das Gefühl Produkt X, Y, Z zu brauchen.
“It did what all ads are supposed to do: create an anxiety relievable by purchase.”
David Foster Wallace
Wenn du diese dann kaufst besteht dein Nutzen darin, dass du die Augen noch eine Weile weiter vor deinen tieferliegenden Problemen verschließen kannst und dich der unliebsamen Realität nicht stellen musst.
Ich habe noch nie erlebt, dass eine Frau je wirklich zufrieden mit ihrem Körper war, selbst wenn sie ihr Wunschgewicht erreicht hat, sofern sie nicht auch an ihrer inneren Zufriedenheit gearbeitet hat und die Veränderung ihres Körpers immer noch als Kampf gegen diesen angesehen hat.
Vielmehr konnten diese Frauen ihre körperliche Veränderung nicht einmal erkennen. Da hatten sie nun den Körper, den sie immer wollten, waren aber nicht glücklicher, weil es die nötige Veränderung im Kopf fehlte. Deswegen führten sie diesen Kampf weiter und brauchten mehr und immer mehr.
“What was unexpected pleasure yesterday is what we feel entitled to today, and what won’t be enough tomorrow”
Robert Sapolsky
Dank meiner Oma habe ich verstanden, was mir wirklich wichtig ist. Dass meine Wahrheit, nicht die Wahrheit der anderen sein muss, sondern, dass jeder seine eigene Wahrheit auf den eigenen Glaubenssätzen erschafft. Wenn ich etwas als negativ sehen will, wird es negativ. Wenn ich etwas positiv sehen will, wird es positiv. Wahrheit ist relativ.
Ich habe gelernt, Einfachheit wert zu schätzen, und zu erkennen, dass es kein Gut oder Böse, Schwarz oder Weiß, gibt, sondern Vielfalt in Maßen, Freiheit schenkt. Die Erwartung, dass man stets glücklich sein muss, ist eine Illusion, die uns verkauft wird, damit wir uns unglücklich fühlen und Dinge brauchen, die dies kompensieren sollen.
Die Lösung für die eigene Zufriedenheit liegt nicht in der Suche nach dem Glück, sondern in der Akzeptanz, dass das Traurige und Schwere Teil des Lebens ist. Heutzutage versuchen wir uns von allem Negativen zu entledigen, weil einem suggeriert wird, dass dies der richtige Weg sei. Positive Thinking und so. Ein Mensch nutz mir gerade nicht mehr oder gibt mir nicht das, was ich brauche? Weg damit.
Vielleicht ist nicht der andere Mensch, der uns nicht gibt, was wir wollen, das Problem, sondern wir selbst, und die Erwartung , dass dieser Mensch uns gibt, was wir wollen.
Meine Oma war bis zuletzt mit ihren Schulfreundinnen befreundet, mit denen sie schon als kleines Mädchen als berüchtigte Räubertochter Gang um die Häuser zog. Mit meinem Opa war sie ca. 50 Jahre verheiratet. Sie war auch diejenige, die die gesamte Familie zusammen hielt und dafür sorgte, dass das Netzwerk selbst zu Verwandten lebte, die ich eigentlich kaum kannte.
Dies ist übrigens eine Eigenschaft, die man häufig in Regionen vorfindet, in denen die Menschen sehr alt werden. Die soziale Komponente spielt dort eine besondere Rolle. Statt dem Proteinshake, der schnell post-workout im Gym hinter gekippt wird, setzt man sich dort zum Essen zusammen, quatscht, lacht und streitet sich über die Weltpolitik.
Ich glaube, dass dieser Punkt völlig unterschätzt wird und dass man vielleicht weniger darauf achten sollte, ob das Glas Wein oder der Schnaps, der dabei getrunken wird, nun gesund oder ungesund ist als vielmehr, was das Soziale mit unserer Psyche macht.
Vielleicht werden die Menschen auf Kuba, die ihre Zigarren bis ins hohe Alter rauchen, die Franzosen in den entlegenen Dörfern, die viel Wein trinken, die Hirten im Kaukasus, die Schnaps trinken oder die bulgarischen Omis und Opis, die Tonnen an Fruchtzucker über Feigen konsumieren, trotzdem so alt, auch wenn sie nach Fitnessnorm alles falsch machen.
Freiheit liegt oft in der Einfachheit. Ich denke, dass der Kampf gegen den eigenen Körper eine Flucht vor dieser Freiheit ist, denn diese Freiheit bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. Es bedeutet “Alles liegt in meiner Hand”.
Was ich denke, werde ich fühlen, was ich fühle, werde ich tun. Somit bestimmt mein Denken mein Handeln, welches wiederum von meiner Umwelt gespiegelt wird, sodass ich ich das sehen werde, was ich mir selbst erdacht habe.
“You attract the right things when you have a sense of who you are.”
Amy Poehler
Das zu lenken, ist so viel schwerer als einfach die kleine Prinzessin zu sein, die vom Prinzen gerettet und von allen geliebt werden will, weil sie doch so zart, hilfsbedürftig und unschuldig ist.
Ich habe die Traurigkeit meiner Oma oft gespürt, denn wir haben uns die letzten Jahre nur eine Woche pro Jahr gesehen. Doch sie hat mir stets gesagt, dass ich nie zurück sehen soll, wenn sie einmal stirbt. Ich solle nach vorn blicken und stets meinen Weg gehen. Bei unserem letzten Abschied wussten wir, dass wir uns nicht wiedersehen werden und doch sagte sie “Bis nächstes Jahr”. Das war typisch sie, denn auch ihrem Tod trat sie singend entgegen.
Meine Oma war eine Räubertochter und war deswegen zauberhaft und stark, sodass sie trotz ihrer traurigen Vergangenheit ein schönes Leben führte, in dem sie Spuren bei ganz vielen Menschen hinterließ. Wenn ich nicht gesehen hätte, was Demut, Bescheidenheit und Dankbarkeit bei einem Menschen bewirkt, würde ich vieles von dem ganzen Irrsinn der Fitnessszene nicht erkennen.
ZHENA steht für Frauen, wie meine Oma es einst war, die sich nicht vor Freiheit und Verantwortung scheuen, sondern diese suchen.